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»Höre ich nie

McKinsey kommt


Was macht eigentlich Hamburgs einziger nicht kommerzieller, nicht gebührenfinanzierter Radiosender FSK? Eine Nestbeschmutzung.
vo n C h r i s t o p h T w i c k e l

»Höre ich nie.« »Immer wenn ich einschalte, läuft da nur Musik.« Alle Bekannten, die ich auf das »Freie Sender Kombinat« anspreche, winken ab. Es ist Zeit für einen seriösen Selbstversuch: 14 Tage FSK.

Erster Tag, Sonntag.

Die Programmzeitschrift Transmitter gibt an, ab elf Uhr strahle man eine »Anzahl von Sendungen aus November und Dezember« aus, »in denen wir uns mit den Riots in Frankreich beschäftigt haben.« Um 15 Uhr läuft HipHop mit französischen Texten. Ein Sprecher behauptet, das sei »eine Sendung vom Stadtteilradio über unabhängigen HipHop aus Frankreich«. Leider ist es nur eine Musikschleife, zirka eine Stunde lang, dann wieder von vorne. Bis spät in die Nacht.

Mein eindrucksvollstes FSK-Erlebnis. Es war die Hochphase des so genannten »Antisemitismus-Streits«, bei dem es sehr verknappt um Folgendes ging: Während an die Radiogruppe »Forumradio« der Vorwurf ergeht, man habe in Sendungen das Existenzrecht Israels bestritten und in unerträglicher Weise den Holocaust relativiert, fühlt sich die Gruppe ihrerseits auf unerträgliche Weise belehrt und in die antisemitische Ecke gestellt.

Die Positionspapiere zu diesem Streit füllen Aktenordner. Es gibt vier Sendeverbote; die Redaktion einer dieser Sendungen erprügelt sich gar den Zugang zum Studio. Die Geschäftsführung des Senders teilt auf einer Pressekonferenz mit, Forumradio müsse den Sender verlassen – dabei hatte die Abstimmung darüber noch gar nicht stattgefunden. FSK-Aktivisten von Uni-Radio, Stadtteilradio und Radio Loretta erklären ihre Bereitschaft, den Sender gegen die Wand fahren zu lassen, wenn Forumradio nicht ausgeschlossen werde. FSK ist in einer existentiellen Krise. Im Mai 2003 gibt es in der Roten Flora eine Aussprache zum Thema, aus der schon nach Minuten eine wilde Schreierei wird. Im Verlauf des Abends melde ich mich zu Wort: Ich lade Leute, die nicht an dem Streit beteiligt sind, dazu ein, eine Gruppe zu bilden, die das Weiterbestehen von FSK sichern könnte.

XXX hat die Schnauze voll

Am Tag nach der Veranstaltung ruft mich ein gewisser XXX an. Er möchte gerne mit mir über meinen Vorschlag reden. Wir sitzen am offenen Fenster der Schanzenkneipe Fritz Bauch, XXX versucht mit seinen letzten Krümeln eine Zigarette zu drehen. Er sei ja selbst in das Projekt gekommen, um zu vermitteln. Aber er habe feststellen müssen, dass das bei Forumradio wirklich Antisemiten seien. Die in der DKP übrigens auch, XXX war nämlich mal DKP-Funktionär. Ich sage, meine Idee sei es, sich außerhalb dieses Konflikts darum zu kümmern, dass der Sender nicht gegen die Wand fahre. Manche Leute säßen schon zu lange in den FSK-Gremien, es müssten andere Sendende kommen, um die eingerissenen informellen Hierarchien in Frage zu stellen. Ich wähle die Metapher der »solidarischen Unternehmensberatung«. Er versichert mir, es würde einem im Sender nicht gedankt, wenn man sich einsetze, wie er es getan hätte. Er habe langsam die Schnauze voll. Er würde demnächst seine Sendung »Recycling« einstellen.

Zweiter Tag, Montag.

Zum Frühstück läuft unbeirrt die Schleife vom Vortag. Um zwölf Uhr dann endlich Programm: ein Interview mit der US-Band »The Lovekill«. »We’re still evolving pretty naturally, I guess«, sagt ein Mitglied. Die Band kommt aus Cleveland. »Can you say something about Cleveland?« Um 14 Uhr spricht der Poptheoretiker Günther Jacob über den Rapper Bushido, Deutsch-HipHop und die Linke: »Vielen ist überhaupt nicht bewusst, dass Deutsch-Rap und Deutsch- Pop ein skandalisierungswürdiges Thema sind.« Die »Poplinke« muss harte Vorwürfe einstecken: Von Bushido oder homophobem Dancehall habe man sich nie den Spaß verderben lassen, so Jacob, vor dessen eisern ideologiekritischer Faust sich schon die Helden der Hamburger Schule gefürchtet haben.

Ein paar Tage nach dem Treffen mit XXX, am Mittwoch den 4. Juni 2003, erscheint in der taz Hamburg ein Artikel über das FSK mit der Überschrift »Marktfähiges Kombinat«. Er gibt den Ausführungen eines gewissen XXX breiten Raum. XXX sei »entgeistert, was Twickel bei einem Treffen vor wenigen Tagen zu ihm gesagt hätte: ›Twickel kann sich vorstellen, mit Hilfe einer Unternehmensberatung das Radio neu zu strukturieren. Ich frage mich, ob ihm nicht bewusst ist, dass eine solche Maßnahme darauf hinausläuft, den Sender marktfähig zu machen.‹ Was auf den ersten Blick abstrus klingt – Unternehmensberatung für die unentgeltlich tätigen, sich mehrheitlich radikal links verstehenden FSKlerInnen – könnte vor dem Hintergrund der existenziellen Krise, in der FSK steckt, Realität werden. Glaubt XXX. Hat der gekündigte, ehemalige Chefredakteur der Szene Hamburg, Christoph Twickel, tatsächlich einen solchen Plan?« Ich traue meinen Augen nicht. Der Autor, ein gewisser XXX, der sich hinter dem albernen, offensichtlich an jüdische Résistancekämpfer erinnern sollenden Pseudonym »Gaston Kirsche« verschanzte, hatte mich nicht mal angerufen.

Dritter Tag, Dienstag.

Morgens die Wiederholungen vom Vorabend: Das »Knast und Justiz-Info« in verlässlicher Behäbigkeit, gemacht von den letzten Mohikanern des ehemaligen Forumradios. Danach »Sunday Service «, der Klassiker des FSK seit zehn Jahren, Liebling im Spex-Leserpoll. Mittags gibt’s eine Veranstaltung, die vor drei Jahren in Leipzig stattgefunden hat. Es geht um den 60. Jahrestag der Schlacht von Stalingrad. Der unverständliche Mitschnitt wird nach zwanzig Minuten abgebrochen: »Uns ist gerade aufgefallen, dass die Qualität nicht gut genug ist. Ich werde versuchen, die Sendung vom Turm aus abzuspielen.« Das klappt dann auch leidlich. Um 14 Uhr wird ein Sterbehilfe-Kritiker interviewt. Danach Günther Jacob über Bushido, die Wiederholung.

Die Situation heute: Forumradio hat im letzten Jahr seine Auflösung erklärt. Immer mehr Mitglieder hatten sich verabschiedet, eine der Redaktionen hatte gar den Sender erfolglos verklagt, nachdem man ihr den Sendeplatz weggenommen hatte. Die Frauengruppe Radio St. Paula führt ein eher scheintotes Dasein. Die »Paulas« hatten schon vor dreieinhalb Jahren auf Änderung der Organisationsstruktur des FSK gedrängt. Als ihre Reformforderungen ignoriert wurden, traten sie in einen Sendestreik, von dem sie sich nie wieder richtig erholt haben. Neuzugänge gibt es kaum, die wenigen Aktiven bei Radio St. Paula schaffen es nicht mehr, die Sendeplätze zu füllen. An den Sitzungen nehmen sie nur in Notfällen teil.

Das FSK wird heute von einem Klüngel von vielleicht einem Dutzend Leute verwaltet und gestaltet. Sie konstituieren die Radiogruppen Loretta, Uni-Radio und Stadtteilradio und sitzen in der »AnbieterInnengemeinschaft «, kurz ABG, dem zentralen Gremium des FSK. »Man trifft sich schnell dreimal die Woche, in verschiedenen Konstellationen «, sagt XXX von Radio Loretta, einer der Veteranen des Senders.

XXX ist mittlerweile der wichtigste Mann im FSK. Nach mehreren melodramatischen Abschiedssendungen hatte er sich dann doch dazu entschlossen, dem Projekt seine unerlässliche Anwesenheit nicht zu entziehen und damit der Konterrevolution Tür und Tor zu öffnen. XXX ist immer da. Er macht Bürodienst, legt Musikschleifen oder Wiederholungen ein und ist Delegierter von Radio Loretta.

Ich selbst hatte es seinerzeit vorgezogen, statt McKinsey zu holen, mit anderen Sendenden im FSK an der Gründung einer neuen Radiogruppe zu arbeiten. Unter dem Namen »Dynamo 93« verfassten wir einen programmatischen Text und beantragten erfolglos, als Radiogruppe Teil der AnbieterInnengemeinschaft zu werden. Die Delegierten von Loretta, Uni-Radio und Stadtteilradio waren der Meinung, uns aufzunehmen würde die »Abwehrkraft des FSK« gegen antisemitische Tendenzen schwächen. Also verfassten wir ein Papier zum Thema Antisemitismus. In der ABG hatte man »keine Lust« darüber zu reden, das alles sei schon »auf breiterem Niveau« diskutiert worden. XXX urteilte über unser Papier, es sei »ganz offensichtlich mit der Intention geschrieben, die schmale Basis des Antisemitismus im Sender zu verbreitern«. Uns verging ein bisschen die Laune auf weitere Papiere und Konzepte, heute fristet »Dynamo 93« ebenfalls ein scheintotes Dasein.

Vierter Tag, Mittwoch.

Morgens die Wiederholung von »Recycling«, ein Interview mit einem Roma- Musiker, der über Repression gegen Roma und Sinti berichtet. Dann die »Endlosschleife Nummer 27« vom Sunday Service. Gegen halb zwölf eine neue Schleife: Reggae mit der »Upsetting Station«.

Um 14 Uhr dann Programm: ein Feature über Popkultur und Nationalismus anhand der Compilation »I can’t relax in Deutschland«. Interessante Sendung. Wird um 15 Uhr wiederholt. Um 16 Uhr noch mal. Um 17 Uhr erst eine Schleife. Dann stolpert doch noch der Moderator von »La multiplication de l’amusement « rein und spielt französische Musik.

XXX ist großzügig

Momentaufnahmen aus der monatlichen Sitzung der »AnbieterInnengemeinschaft«: Der junge Aktivist ist in das Hinterhofbüro am Schulterblatt 24c gekommen, weil er zu einem Anti-AKW-Netzwerk gehört, das im Freien Sender Kombinat gerne ein Mal im Monat eine Sendung namens »Restrisiko« machen möchte. Ob denn mal jemand die Probesendung gehört hätte, die sie eingereicht haben? Schweigen. Eine Delegierte von Uni-Radio bequemt sich: »Von uns haben sich das zwei Menschen angehört«, sagt sie gelangweilt. »Naja … kann man machen … muss man nicht machen.« Das reicht natürlich nicht. Auch die anderen müssen sich noch eine Meinung bilden. Das kann dauern. Man werde auf der Sitzung im folgenden Monat entscheiden. Der AKW-Gegner sagt sehr höflich, er sei jetzt vier Monate nacheinander gekommen. Ob seine Gruppe denn vielleicht am vierten Sonntag im März mal eine Sendung machen könnte? XXX zeigt sich großzügig und bietet den dritten Montag an. Der AKW-Gegner wird ungeduldig: Warum denn nicht am vierten Sonntag, da liefe doch sowieso nur eine Musikschleife! »Dass der Sendeplatz zurzeit nicht belegt ist«, erklärt ihm XXX in gemessenem Ton, »heißt nicht, dass da irgendjemand einfach senden kann«. Der junge Aktivist nimmt, was er bekommt. Entnervt trollt er sich in die winterliche Kälte des Schanzenviertels. Ob er wiedergekommen ist?

Sechster Tag, Freitag.

Ein Entertainment-Höhepunkt: Die Improvisationstheatergruppe »Die Zuckerschweine« ist zu Gast. Man kann anrufen und den Gang des Krimi-Hörspiels mitbestimmen. Das ist ganz amüsant.

Achter Tag, Sonntag:

Die »Female Machos« über Antisemitismus in KPD und SED, das Buch und die Veranstaltung heißen »Wenn die Partei das Volk entdeckt« und haben auch schon drei Jahre auf dem Buckel. Die »Female Machos« werden gleich vier Mal wiederholt, am Sonntag laufen sie von 11 bis 15 und am Montag von 8 bis 14 Uhr.

Neuankömmlingen begegnet man im FSK mit einer rätselhaften Mischung aus Vergraulen, Belehren und im besten Falle Paternalismus, wenn dem FSK-Klüngel das bittstellende Projekt politisch sympathisch ist. XXX ist nur ein Symptom. Dass der Ton im Sender von Leuten wie ihm bestimmt wird, wird von allen gebilligt. Man will unter sich bleiben. Die Eigenwahrnehmung ist natürlich eine ganz andere. Das Radio sei »prinzipiell für jeden zugänglich, also im besten

Sinne des Wortes öffentlich«, sagt das Freie Sender Kombinat über sich selbst. Das Zitat ist einer Selbstdarstellung entnommen, die gut zehn Jahre auf dem Buckel haben dürfte. Doch sie steht so auf der offiziellen Website www.fsk-hh.org. Freies Radio sei »ein durchschaubarer und durchdringbarer Raum, darauf angelegt, seine Hörenden zu Sendenden zu machen«, heißt es dort auch.

Öffentlich, aber undurchdringlich

Tatsächlich ist der Sender so zugänglich, durchdringlich und durchschaubar wie eine Geheimloge. Die Beschlüsse und Protokolle der ABG werden behandelt wie Top-Secret- Dokumente: Anstatt sie einfach an alle Sendenden zu mailen, kommen sie in einen Aktenordner, den man nur im Büro einsehen kann, wenn er nicht gerade verschollen ist. Wer zu den im Transmitter veröffentlichten Treffen der Redaktionen oder Radiogruppen gehen möchte, steht oft vor verschlossener Tür, weil sich der Klüngel zu einem anderen Termin verabredet hat. Meistens hängt noch nicht mal ein Zettel an der Tür – es kommt ja eh keiner. Wer es trotzdem schafft, sein Sendekonzept vorzustellen, wird behandelt wie beim Vorstellungsgespräch in einer langjährigen WG, deren Bewohner eigentlich nicht wollen, dass jemand Neues einzieht, bloß weil Zimmer frei sind. Gern verweist man auf das korrekte »Projektverständnis«: dass freies Radio keine »Vermittlungsinstanz« sei, »die außerhalb seiner selbst, also gewissermaßen ›vormedial‹ stattfindende Konflikte aufnimmt und als ›Themen‹ zum Ausdruck bringt.« Aha, was denn dann? fragen sich Anti-AKW- und andere Aktivisten, die eigentlich nur ihr Thema durch den Äther schicken wollen. Radio sei »selbst der Ort, an dem Auseinandersetzung öffentlich produziert wird«.

So nebulös der Anspruch ist – als Ausschlusskriterium und zur Hebung des Selbstbewusstseins leistet er gute Dienste: Wir sind nicht die nützlichen Idioten für die, die ein Anliegen haben. Wir sind der »Ort, an dem Auseinandersetzung öffentlich produziert wird«! In Wahrheit kommen die meisten sowieso nur ins FSK, wenn sie ihre Sendungen machen oder wenn sie vorsprechen müssen, um an einen Sendeplatz zu kommen. Es senden Leute auf 93,0 MHz, die seit Jahren auf keiner Redaktionssitzung waren, niemals den Müll rausgebracht haben und noch nicht ein Mal Bürodienst gemacht haben. Nicht mal das Klo muss man ab und zu putzen, wenn man sendet: Das Freie Sender Kombinat leistet sich eine Putzfrau. Niemand muss sich an irgendetwas beteiligen, um im FSK senden zu können.

Am dreizehnten Tag, Freitag,

14 bis 16 Uhr, ein Mitschnitt der Veranstaltung des »Bündnisses gegen antisemitische Lehrveranstaltungen «: Der Germanistik-Professor Klaus Briegleb weist Günter Grass anhand der »Blechtrommel« antisemitische Stereotype nach. Ab 16 Uhr »Akonda«, eine Sendung mit afrikanischer Musik und einem hibbeligen Moderator, der französisch spricht.

Vor gut zwölf Jahren ist FSK mit dem verrätselten Anspruch angetreten, die »transversale Zusammensetzung des Bewegungssubjektes« zu schaffen. Einfach ausgedrückt:

Man wollte die Linke, das »Bewegungssubjekt«, irgendwie anders und neu zusammenbringen, »transversal« eben. Das will man heute nicht mehr und verweist auf den »Antisemitismus-Streit«. Ein Streit, der nicht isoliert stattfand: Auseinandersetzungen zu Israel/ Palästina, zu Antiamerikanismus und zu Internationalismus haben im Lauf der vergangenen Jahre zu einer Radikalisierung sowohl auf der einen wie auf der anderen Seite geführt. Die »Antideutschen« und die »Antiimperialisten« stehen sich heute unversöhnlicher denn je gegenüber, aber nur ein Bruchteil der deutschen Linken dürfte sich dem einen oder anderen Lager verbunden fühlen.

Richtige gegen falsche Linke

Die garstige Divenhaftigkeit im FSK ist keine Folge des Antisemitismus-Streits. Sie hat nur durch ihn eine politische Aufgabe bekommen: Mit dem Gehabe irgendwo zwischen Gralshüter und Hausmeister dürfen sich die FSK-Aktivisten heute einbilden, den Sender vor den falschen Linken hüten zu müssen. Wenn es im Sender keine antiimperialistischen Internationalisten mehr in die Schranken zu weisen gibt, fängt man an, Sendungen auf »projektschädigendes Verhalten« hin abzuklopfen.

Radio Loretta legt auf einer ABGSitzung im letzten Herbst allen Ernstes Moderationsmitschriften und Auszüge aus Newslettern der Musiksendung »Back To The Basics« vor, in denen sich der Moderator negativ über den Zustand der Technik im Sender geäußert hatte. Das sei ein »wiederholter Angriff auf FSK« gewesen. Werde ich mich wegen dieses Artikels auch wegen »projektschädigenden Verhaltens« verantworten müssen?

Samstag, vierzehnter und letzter Tag.

Morgens die Presseschau von »Radio Brainstorm«, ein einsamer Mann, der über die bürgerliche Presse nörgelt. Von 14 bis 17 Uhr sollte eigentlich die »Funkpiratin« senden, stattdessen einmal mehr Günther Jacob über Bushido. Kann man nicht oft genug wiederholen.

Frühling im FSK! In Kürze wird der Sender umziehen. Von der Medienstiftung hat man 60 000 Euro für ein neues, digitales Studio bekommen. Der Transmitter spricht von der »politischen Wiederaneignung Freien Radios« und dass »FSK in vielen kulturellen und politischen Bereichen der Stadt präsent« sei. Nach dem Austritt von Forumradio interessierten sich »viele der Resignierten wieder vorsichtig für das Projekt«, der Sender stünde »somit vor einem Neuanfang«. Schön wär’s. Der Hamburger Medienanstalt zufolge hat FSK im ersten Quartal 2006 ein Drittel seiner Hörer verloren. Jetzt liegt man bei 0,4 Prozent.

Antisemitismus in der Endlosschleife

Nach vierzehn Tagen Selbsttest stelle ich fest: Typisches Erkennungsmerkmal von FSK ist die Endlosschleife. Es gibt ein bis zwei gute Sendungen pro Tag, doch mehr als drei Stunden aktuell produziertes Programm kommen selten zustande. Was die Kapazität angeht, ist man also wieder da, wo man angefangen hat: 1996 musste sich das FSK seine Frequenz mit dem Deutschlandfunk teilen und durfte nur dreieinhalb Stunden am Abend senden. Die Löchrigkeit des heutigen Vollprogramms kaschieren Wiederholungen, Veranstaltungsmitschnitte, Hörspiele und Ähnliches. Morgens wird fast nie live gesendet, es gibt kaum aktuelle Berichterstattung, die so genannte »Info-Schiene« ist so gut wie weggebrochen. Antisemitismus – vorzugsweise in der Linken – ist das Leib- und Magen-Thema. Seit Jahren wird dienstags eine Sendereihe zu Antisemitismus in den kommunistischen Parteien vor dem Holocaust wiederholt, aber auch zwischendurch gibt es immer wieder Beiträge zu diesem relevantesten aller Themen. An Errungenschaften wie die Film-Sendung »Breitwand« erinnern sich nur noch die Alten. Damit sich das ändert, braucht der Sender dringend Leute, die sich fürs Radiomachen interessieren und bereit sind, sich mit den Verhältnissen im Projekt herumzuschlagen.

Der Atomkraftgegner ist übrigens wiedergekommen. Er musste sich anhören, dass »grundsätzliches Misstrauen« seiner Gruppe gegenüber bestehe. Den Antrag, »Restrisiko« auf Sendung zu nehmen, lehnte die ABG mit »null Stimmen, zwei Gegenstimmen und der Rest Enthaltungen« ab. |

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Der Autor sendet seit Anfang 2001 in der Redaktion von »Sonido Bestial – The Sunday Latin Show« jeden 1. und 3. Sonntag von 17– 19 Uhr auf FSK unter dem albernen, offensichtlich an italienische Opernsänger erinnern sollenden Pseudonym »Basso Profundo«. Aller Differenzen zum Trotz empfiehlt er die Unterstützung des Freien Sender Kombinats durch eine Fördermitgliedschaft: Informationen unter Tel.: 43 43 24. FSK ist zu empfangen auf 93,0 MHz (Antenne) und 101,4 (Kabel).